HAUTNAH feat. Aika
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HAUTNAH feat. Aika

Mrz 08 Playing-Ducks  

HAUTNAH feat. Aika

„Ich spiele, weil ich spielen will. Ich bin nicht an ein Gehalt gebunden, obwohl es natürlich sehr schön ist, wenn man was bekommt.“

Herzlich willkommen zur sechsten Folge von HAUTNAH. Heute erwartet Euch eine etwas abgeänderte Folge unseres Formats.

In unserer heutigen Folge präsentieren wir Euch ein Interview mit Adrian „Aika“ Schunke, der mit uns über die bisherigen Ergebnisse, das deutsche Wechselkarussel und die Mentalität von Spielern gesprochen hat.

Hallo Aika! Willkommen bei #HAUTNAH! Fangen wir gleich an: Wie schätzt Du die momentanen Ergebnisse Eures Teams in der ESLM ein?

Wir haben uns vielleicht selbst etwas überschätzt und gleichzeitig unsere Gegner unterschätzt. Nach dem Abstieg aus der ersten Division haben wir uns in einer Favoritenrolle gesehen, die uns zugegebenermaßen auch etwas schwergefallen ist. Dadurch haben wir dann wohl auch nicht so diszipliniert trainiert, wie wir es eigentlich hätten tun müssen. So sind dann auch die Unentschieden zustande gekommen. Es ist allerdings noch in Ordnung – wir sind auf dem dritten Platz und punktgleich mit eSport Rhein Neckar. Es ist also noch nichts verloren für uns.

Hat es bei Euch dann auch aufgrund des unzureichenden Trainings mal geknallt? Du hattest mal geäußert, dass Du selbst gerne einen Coach hättest, der Dich auch mal anschreien kann. Zudem bist Du natürlich auch ein sehr direkter und offener Typ.

Also das passiert ständig. Ich sehe es irgendwo auch als meien Aufgabe an, den Jüngeren den Weg zu weisen. Als Team-Captain versuche ich, das Team zusammenzuhalten und sie zu ermutigen, diszipliniert zu trainieren. Mir ist es wichtig, dass jeder sich der Wichtigkeit des Trainings bewusst ist und generell übernehme ich da einfach die Verantwortung.

Und wenn es dann – wie in den ersten Wochen bei Euch – nicht richtig klappt? Denkt man da an Wechsel?

Nein, auf keinen Fall. Natürlich – das Wechselkarussel dreht sich ständig, vor allem in der deutschen Szene. Das jetzige Team ist aber okay, weil die Jungs alle Lust haben. Solange sie Lust haben, halte ich auch an ihnen fest. Nur wenn ich sehe, dass es an der Motivation mangeln würde oder jemand einfach keine Lust mehr hat, zu spielen, würde ich an Wechsel denken. Ein Wechsel macht auch immer nur genau in diesen Momenten Sinn, auch wenn das bei uns momentan überhaupt nicht absehbar ist.

Das altbekannte Wechselkarussel… Auf 99Damage hat ein User kommentiert: „Witzig auch, dass sich Aika vor genau einem Jahr wahnsinnig über die ständigen Wechsel in der deutschen Szene aufgeregt hat und das jetzt halt seitdem das vierte komplett unterschiedliche Lineup für ihn ist.“ Stellungnahme?

Ich mache oftmals überspitzte und am Ideal orientierte Aussagen, die ich aber auch so meine, wie ich sie sage. Das sind quasi Ideale, die ich nach außen hin breitrete, z.B. auf Twitter. Ich stehe hinter den Idealen, aber behaupte gleichzeitig auch nicht, dass ich der perfekte Mensch bin, der das alles so perfekt umsetzt. Ich versuche es umzusetzen und so habe ich damals auch versucht, das Lineup zusammenzuhalten. Das hat damals nicht funktioniert, obwohl ich alles, was in meiner Macht stand, versucht hatte. Wenn es nicht geht, dann geht es eben nicht. So werde ich das auch zukünftig handhaben. Ich habe nicht vor zu wechseln, ich will mit dem Team weiter arbeiten und habe mich auch um langfristige Verträge bemüht, die saisonübergreifend sind. Ob dann alles so verläuft, wie ich es mir vorstelle, bleibt dahingestellt.

Die Leute, die Du zitierst, gehen halt immer gerne penibel auf das ein, was ich sage, bzw. suchen nach Beispielen aus der Vergangenheit, um meine Aussagen zu entkräften. Ich mache diese überspitzten Aussagen und damit muss ich dann halt auch leben. Ich bin jemand, der nach vorne heraus spricht und ich muss damit zurechtkommen, wenn Gegenargumente kommen oder jemand gegen mich spricht.

Abgesehen von Deinem jetzigen Lineup: Was müsste sich generell ändern, damit vor allem deutsche Teams längerfristig zusammenspielen können?

Da muss sich die generelle Mentalität ändern. Zum einen gibt es viele Spieler, die ihre eigene Motivation nicht aufrechterhalten können und dadurch sind Wechsel zwingend notwendig. Gerade sehr talentierte Spieler werden oftmals von guten Teams gepickt, haben aber gleichzeitig eine schwankende Motivationsleistung. Die Teams merken dann erst im Nachhinein, dass sie den Spieler eben nicht „hinbekommen“. Diese Leute müssen auf lange Sicht gesehen mal aussortiert werden! Wenn du ständig Motivationsprobleme hast, dann bist du einfach kein Kandidat für das professionelle Spielen. Das ist eines der größten Probleme.

Außerdem möchten viele Spieler den Erfolg sehr schnell haben. Sie möchten ganz ganz schnell ganz viel erreichen und werden dann sehr enttäuscht, wenn ihre eigene Zielsetzung einfach viel zu hoch ist. Da fehlt es an Realismus!

Und Du? Wie schaffst Du es, Dich immer wieder zu motivieren?

Ich muss sagen, dass ich ein sehr konstanter Spieler bin, was meinen „Bock“ angeht. Auch ich hatte mal eine Phase, in der ich mit CS aufgehört habe – 2010 war das. Da habe ich konsequent aufgehört zu spielen. Nachdem ich wieder angefangen habe, ist meine Lust am Spiel aber ungebrochen. Ich habe jeden Tag Lust zu trainieren und denke auch jeden Tag über CS nach. Ich integriere es verantwortungsbewusst in meinen Alltag, sodass meine Beziehung und meine Arbeit funktionieren. Da gehört dann vor allem Disziplin und Zeitmanagement dazu. Generell habe ich einfach ein sehr konstantes „Bock“-Niveau.

Spielt es für Dich eine Rolle, in welcher Orga man spielt?

Es kommt immer darauf an, inwiefern die Orga sich ins Teamgefüge einmischt. Eine Organisation wie die Playing Ducks lässt uns z.B. alle Freiheiten. Da ist das Team bzw. der Kern des Teams dann der Punkt, auf den es ankommt: Kommt ein Spieler mit den anderen klar?

Problematisch wird es, wenn das Management sich in das Teamgefüge einmischt. Dann kann es durchaus sein, dass ein Spieler dort eben nicht gut aufgehoben ist. Das Umfeld, gerade das eines jungen Spielers, trägt enorme Verantwortung. Es ist nicht einfach nur so, dass er kommt und spielt. Wenn ein junger Spieler in einem Team nichts außer CS-Spielen lernt, dann lernt er nicht genug in diesem Team. Es geht um so viel mehr. Wenn ich mit meinen fast 30 Jahren einen siebzehnjährigen Mitspieler habe, dann bin ich auch irgendwo für ihn verantwortlich. Ich bin zwar nicht sein Erzieher, habe aber schon auch einen gewissen „Erziehungsauftrag“. Ich muss ihm beibringen, diszipliniert zu sein, seine Aufgaben zu erfüllen und fit zu sein, denn er der Spieler muss selbst im Team eine Verantwortung übernehmen. Das, was er dann lernt, kann er in seinem ganzen Leben anwenden – auch 20 Jahre später in seinem Beruf! Gerade an dieser Stelle kann ein junger Spieler sehr profitieren, auch außerhalb von Counter-Strike. Gleichzeitig liegen aber auch genau hier die Probleme. Wenn du z.B. einen Team-Captain hast, der außer Ingame-Knowledge nichts weiterzugeben hat, dann entwickeln sich die jungen Spieler einfach nicht.

Würdest Du dich selbst dann als „role model“ bezeichen?

Ich bezeichne mich selbst als gar nix. Das ist auch nicht meine Aufgabe. Ich bin Counter-Strike-Spieler und ja, vielleicht Team-Captain. Natürlich gebe ich mir da große Mühe, damit alles gut funktioniert. Generell helfe ich immer – auch Spielern, die nicht bei uns im Team sind. Wenn jemand ein Problem hat, dann versuche ich immer, denjenigen zu unterstützen.

Um nochmal auf die Thematik der Organisationen in Deutschland zurückzukommen: Wie ist Deine Meinung zu nichtgezahlten Gehältern?

Das Wichtigste ist, dass die Orga ehrlich ist. Ich habe lieber eine Orga, die zu mir sagt: „Wir haben nix, wir sind bettelarm, aber wir geben uns große Mühe.“ Wenn sie mir auch zeigen, dass sie sich wirklich Mühe geben, dann ist das auch in Ordnung. Das ist mir alles lieber als eine Orga, die mir alles verspricht, aber mir nichts bringt. Genau dieses Problem ist weitverbreitet im Esport. Um es mal mit etwas anderem zu vergleichen: Stell dir vor, du lernst ein Mädchen kennen und sagst ihr, dass du einen Benz fährst und sie morgen damit abholst. Sie ist dann total begeistert, weil du so ein dickes Auto fährst. Dann kommst du aber mit einem Benz, der 20 Jahre alt ist. Du hast nicht gelogen, aber es war auch nicht ehrlich. Diese Schiene, wie in dem Beispiel gezeigt, ist einfach spürbar im Esport. Man bekommt viel versprochen und ausgemalt, aber am Ende ist es dann doch nicht so, wie es präsentiert wurde.

Das große Problem ist dann auch die Erwartungshaltung. Die Spieler werden enttäuscht, weil sie nicht das bekommen, was versprochen wurde. Natürlich kommt es dann zu Unmut, bösen Tweets über die Orga und Streit. Wenn man einfach ehrlich ist, dann wird das alles auch nie passieren. Und außerdem: Einer Orga kann natürlich auch mal die Kohle ausgehen. Anfang der Season sah vielleicht noch alles gut aus und plötzlich stehen sie mit leeren Taschen da. Natürlich kann ich dann hingehen und mit einem Anwalt meinen Vertrag einfordern, aber man kann auch einfach mal mit den Leuten reden. Ich kann Gespräche führen, offen sein, Hilfe anbieten: Was können wir als Spieler tun, um der Orga zu helfen? Können wir z.B. auf Social-Media was für Euch tun, damit es der Orga wieder besser geht? Können wir aktiv für die Sponsoren was tun? Man muss auch mal auf die Leute zugehen. Ich denke es fehlt bei beiden Seiten an der Professionalität und am entsprechenden Entgegenkommen.

Würdest Du dann auch umsonst spielen?

Ich spiele, weil ich spielen will. Ich bin nicht an ein Gehalt gebunden, obwohl es natürlich sehr schön ist, wenn man was bekommt. Allerdings ist das nicht die treibende Kraft, die mich zum CS-Spielen bringt. Solange ich das nicht als Hauptberuf mache, würde ich das auch umsonst machen. Es würde einfach nichts ändern bei mir, wenn ich von heute auf morgen kein Gehalt mehr bekommen würde.

Also könnte Dich auch eine Orga überzeugen, die Dir erstmal nichts zahlt?

Ich würde mich nicht vertraglich binden an eine Orga, die mir kein Gehalt zahlt. Alles was ich dann nämlich tue, ist dann zum Wohle der Orga und auf „freiwilliger“ Basis. Wenn ich also auf einer Basis arbeite, bei der ich versuche, der Orga etwas zu „geben“, dann brauche ich keinen Vertrag. Das ist dann ein reines Vertrauensverhältnis.

Zudem könnte ich mir vorstellen, wenn die Playing Ducks jetzt z.B. entscheiden würden, uns rauszuschmeißen, ein eigenes Team zu gründen, das erstmal ohne Orga spielt.

Wäre eine Orga dann aber ab einem gewissen Zeitpunkt wichtig für Dich?

Ab einem gewissen Punkt ist das natürlich immer wichtig. Irgendwann steht natürlich dann auch die Kostenübernahme an – in Ligen z.B.

Auf Twitter hast Du mal geschrieben, dass Du Angebote von anderen Teams, bei denen du womöglich fulltime spielen könntest, ablehnen würdest. Ist dem wirklich so?

Da ging es schlichtweg darum, dass ich abgestiegen bin. Wenn man absteigt, dann muss man sich auch selbst wieder hochspielen. Ich bin in so einer Situation nicht dazu „berechtigt“ so ein Angebot anzunehmen. Natürlich gräbst Du da auch wieder so eine „überspitzte Ideologie“ von mir aus. Klar, wenn jetzt fnatic kommt und sagt, dass ich 50.000€ bekomme und auf der ganzen Welt rumreise, dann lehne ich das natürlich nicht ab. Ich bin ja kein Trottel. Es geht mir bei solchen überspitzten Aussagen darum, die Message zu verdeutlichen: Weitermachen, wenn’s mal scheiße läuft! Man muss sich zurückarbeiten, um wieder auf einen grünen Zweig zu kommen.

Aber ja, in dem damaligen Moment hätte ich die Angebote abgelehnt.

Zum Abschluss: Wie würde Dein ideales Team aussehen?

Das ideale Team besteht für mich aus fünf Spielern, die sich alle ihrer Verantwortung bewusst sind – in allen Belangen: dem Team gegenüber, den Taktiken und natürlich sich selbst gegenüber. Jeder sollte verantwortungsbewusst mit der Sache umgehen, um auch die Balance zwischen Reallife und CS zu finden. Sobald du keinen Lebensinhalt mehr außerhalb von CS hast, wird auch deine Leistung nicht steigen. Jeder muss einfach ein ausgeglichener Mensch sein: Ernährung, Fitness und vielleicht auch einfach mal nur schlafen.

Also. Das Ideal für mich: Alle fünf Spieler sind sich ihrer Pflichten bewusst und kommen diesen auch hunderprozentig nach. In einem solchen Falle hast du dann ein Team, in dem fast alles funktioniert. Wenn ein Spieler z.B. merkt, dass er im Aiming nachlässt, sollte er eigenständig daran arbeiten. Das ist sehr wichtig. Mit so einem Team kannst du fast alles erreichen.